Nakaya Füller sind schon seit geraumer Zeit im Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit. Zu Recht sind diese handgemachten, individuellen Schreibwerkzeuge für viele Kenner und Liebhaber der heilige Gral unter den Füllfederhaltern. In Deutschland und Europa führen die Füller von Nakaya leider noch ein Schattendasein, während der Bekanntheitsgrad im japanischen Markt und den USA wesentlich größer ist. Nakaya ist eine Abspaltung der Platinum Pen Company, welche seit 1919 hochwertige japanische Füller produziert. Einige Meister haben sich im Jahre 1997 selbstständig gemacht und die NAKAYA Fountain Pen Co., Ltd. in Tokyo gegründet. Erklärtes Ziel war es, die schönsten und hochwertigsten Füller der Welt anzufertigen, die individuell auf die Schreibgewohnheiten der Käufer abgestimmt werden. Der Werbeslogan „For your hand only“ hält was er verspricht und Nakaya bietet nicht nur eine große Auswahl unterschiedlicher Farben, Designs, Handbemalungen oder Anpassungsmöglichkeiten wie Gravuren oder individuelle Clips, sondern auch die Möglichkeit die Feder auf die eigenen Bedürfnisse abzustimmen zu lassen.
Individuelle Fertigung
Während des Bestellvorgangs wird offenbar nach welchen Kriterien der Meister die Feder bearbeitet. So werden Angaben nach Haltewinkel, dem Schreibdruck, Schreibgeschwindigkeit und -größe sowie mit welcher Hand geschrieben wird, abgefragt. Alle zusätzlichen Informationen und Wünsche sind bei Nakaya willkommen und können während (über ein Formular) oder nach dem Bestellprozess (per Mail) nachgereicht werden. Auch Schrift- und Papierproben geben dem Meister einen Anhaltspunkt für die ideale Feder bzw. eine Beratung im Vorfeld. Dieses Prozedere fürt zu einer intensiven Beschäftigung mit den eigenen Schreibgewohnheiten, sowie deren Reflexion und Kommunikation. Daher wird schon die Bestellung zu einem außergewöhnlichen Ereignis. Das Resultat daraus ist ein nahezu perfektes Unikat, welches ein Leben lang Freude bereiten sollte. Gerade diese Dinge, die einem langen Alterungsprozess unterworfen sind, wie ein altes, vor Ewigkeiten gekauftes Buch, ein Musikinstrument oder eine Pflanze, besitzen eine natürlich Schönheit und Patina, die sie zusammen mit den erlebten Lebensphasen und Geschichten noch wertvoller machen.
Nach Auslösung der Bestellung ist erst einmal Geduld gefragt. Da vom Schliff des Corpus über die mehrschichtige Lackierung, bis hin zur Feder, sämtliche Fertigungsprozesse in Handarbeit erledigt werden, dauert es aktuell bis zur Auslieferung ca. 5-6 Monate. Das steigert die Vorfreude natürlich weiter ins Unermessliche.
Materialien
Urushi-Lack
Weitere Eigenschaften, die ich sehr an den Nakaya Füllern schätze, sind die verwendeten Materialien. Zur Lakierung der Füller wird ein spezieller japanischer Naturlack names Urushi verwendet. Dieser Hochglanzlack wird zudem vielfach im japanischen Kunsthandwerk zur Lackierung von Gebrauchsgegenständen wie Geschirr, Teewaren oder Einrichtungsgegenständen verwendet. Urushi wird traditionell in mehreren Schichten in einer komplett staubfreien Umgebung aufgetragen, was dazu führt, dass im Fertigungsprozess der Lack immer wieder trocknen muss. Historisch wurde der Lack oft auf Flößen ausgehärtet, die aufs Meer gezogen wurden, da hier keinerlei Staub die Klarheit der Lackierung trüben konnte. Dieser Prozess allein dauert mehrere Monate. Die Lackiertechnik beitzt eine lange Tradition in Japan. Einige Quellen datieren erste künstlerische Verwendungsformen auf das 6. Jahrhundert zurück. In der Jungsteinzeit wurde das Harz schon zur Befestigung von Pfeilspitzen benutzt.
Farben
Nakaya Füller gibt es von der Grundierung her entweder eifarbig oder zweifarbig. Bei den zweifarbigen Exemplaren schimmert die Grundierung leicht durch die Oberflächenfarbe hindurch, da der Lack transparente Eigenschaften besitzt. Als Resultat kommen Füller mit außergewöhnlicher Schönheit und schlichter Eleganz zustande. Die Farbe hat aufgrund der mehrfachen Schichtung und Politur eine unglaubliche Tiefe. Klassische Farben oder Farbkombinationen bei Nakaya Füllern sind schwarz, rot, blau, grün, schwarz-rot (zwei Versionen), hautfarben-braun und grün-braun. Auf Anfrage können auch weitere Farben produziert werden oder sind Bestandteil von Sonderreihen.
Ebonit
Corpus und Tintenleiter werden aus dem für Füller begehrten Ebonit gefräst. Der tiefschwarze Kuststoff besteht aus Naturkautschuk und ist besoders hart und widerstandsfähig. Daneben läßt sich Ebonit sehr gut aufpolieren und besitzt eine angenheme Haptik. Die Tintenleiter entstehen in maschineller Produktion und werden ggf. per Hand angepasst. Der Corpus, die Kappe und auch der Verschluß werden noch klassisch mit der Hand gedreht.
Zubehör
Außergewöhnlich ist auch das Zubehör für Nakaya Füller. Wie viele japanische Kunsthandwerke werden die Füller in signierte Holzschachteln verpackt. Im Inneren ist der Füller nochmals in einen kleinen Stoffkimono gewickelt. Die Farben wechseln hier von Zeit zu Zeit. Aktuell ist der Kimono blau mit einem goldenen Muster. Clips und Stopper können passend zum Federmaterial ausgewählt werden. Hinsichtlich der Stopper bietet Nakaya verspielte Symboliken oder auch Metalltierchen an, die den Füller vorm Wegrollen schützen und ihn zusätzlich zieren. Auch sind mit Blumen oder Fischen bemalte Konverter zu bekommen.
Nakaya – Portable Cigar (Aka-Tamenuri)
Der Nakaya Portable Cigar folgt einem sehr klassischen und schlichten Design in Zigarrenform, wie der Name schon verrät. Der Durchmesser des Kappenteils ist etwas fleischiger gehalten, während der Corpus zum Ende hin etwas verjüngt. Die Proportionen liegen extrem angenehm in der Hand. Für meinen Geschmack hat der Portable Cigar sogar die wohlpropotionierteste Griffläche im gesamten Nakaya Programm. Mein Exemplar hat die Farbe Aka-Tamenuri mit einer roten Grundierung, die durch die schwarze Oberfläche schimmert. An den Enden und Kanten kommen die Rottöne jeweils stärker zur Geltung. Der Portable wird wunschgemäß mit oder ohne Clip an der Kappe gefertigt. Ich mag in diesem Fall die minimalistische Ausführung (ohne Clip) mit klaren Linien und ohne jegliche Brüche der Form am liebsten. Die Feder ist hier eine Extra Fine. Sämtliche Federn von Nakaya haben einen leichten Biss bzw. Widerstand auf dem Papier ohne großartig zu kratzen. Zudem sind leichte Schreibgeräusche wahrnehmbar. Ich empfehle auf feine japanische Papiere zusetzen, die wenig Saugkraft haben. Als Notizbücher sind insbesondere Apica, Midori oder Rhodia geeignet. Linienvariationen sind mit den normalen Federn aus dem Nakaya-Sortiment kaum möglich, da die Federn sehr steif gehalten sind. Das macht sie zu absoluten Präzisionswerkzeugen ohne jegliche Abweichungen. Für etwas mehr Flex gibt es die Medium und Fine Feder auch in einer weicheren Ausführung (siehe Tabelle am Ende der Seite).
Ohne Kappe wiegt der Portable in klassischer Ausführung ungefähr 15 Gramm. Mit tintengefülltem Konverter nochmal ca. 4 Gramm mehr. Die verwendeten Materialien, also hier in erster Linie Ebonit und Urushi machen den Nakaya Füller zu einem Leichtgewicht. Der Füller ist sehr gut ausbalanciert mit einem mittigen Schwerpunkt. Für meinen Geschmack können ein paar Gramm mehr nicht schaden und würden dem Füller mehr Autorität und Präzision in der Führung verleihen. Aktuell bietet Nakaya den Portable auch mit einem Metallkern an, der den Corpus laut Angaben auf der Herstellerseite nochmals um 8 Gramm schwerer macht.
Daten – Nakaya Portable Cigar
Name: Nakaya Portable Cigar, Aka-tamenuri(碧溜)
Gewicht (komplett): 22.0g (Ebonit), 30.0g (Metall)
Gewicht (Corpus): 15.0g (Ebonit), 23.0g (Metall)
Länge (mit Feder): 150.0mm
Länge (Corpus): 128.0mm
Länge (mit Kappe): 165.0mm
Maximaler Durchmesser: 15.0mm
Feder: 14k-Gold, einfarbig oder zweiarbig
Beschichtungen der Feder: rotgold, rhodium, ruthenium
Füllung: Herstellerspezifische Patronen (Platinum) oder Konverter
Material des Corpus: Ebonit oder Metall
Nakaya – Neo Standard (Heki-Tamenuri)
Der Nakaya Neo Standard war erstmalig eine Sonderanfertigung Nakayas für einen europäischen Kunden. Die Anforderung war es einen Füller zu entwickeln, der sich am Design des sehr langen Desk Pens orientiert, von der Größe her aber eher im Bereich der kleineren Writer-Modelle angesiedelt ist. Herausgekommen ist ein wunderschöner und wohlproportionierter Alltagsfüller in schlichtem Design. Der Neo Standard ist im Vergleich zum Portable etwas kräftiger bei gleicher Länge. Der Corpus ohne Kappe ist vom Gewicht her identisch. Der Clip verleht ihm ein etwas höhres Gesamtgewicht. Das Schreibgefühl unterscheidet sich recht deutlich im Gegensatz zum Portable, trotz eines identischen Schwerpunkts, denn die Griffläche ist zur Feder hin etwas stärker verjüngt und daher minimal schmaler. Insgesamt gesehen haben die Finger etwas mehr Platz durch die langgezogene Griffläche. Ich fasse den Füller gerne sehr nahe an der Feder und komme daher mit dem Griffstück des Portables etwas besser zurecht.
Als Feder habe ich hier eine Flexible Fine gewählt. Unter sehr leichtem Andruck ist die Feder nur minimal stärker als die Extra Fine. Bei leichtem Druck gibt die Feder ideales Feedback und läßt sich bis zu einem Broad aufspannen. Für individuelle Schriftbildvariationen und den Spaßfaktor ist diese Feder einfach nur großartig und sollte jedem Freude bereiten, der beim Schreiben für gewöhnlich nicht allzustark aufdrückt und die Feder gut kontrollieren kann. Von klassischen Flex-Federn sind die Nakaya Federn jedoch noch weit entfernt, bieten allerdings für moderne Schriftbilder einen sehr guten Kompromiss. Für noch mehr Flex bietet Nakaya eine zusätzliche Überarbeitung der Feder an, bei der aus den Federflügeln kleine Kerben an den Spannstellen herausgefräst werden
Daten – Nakaya Neo Standard
Name: Nakaya Neo Standard, Heki-tamenuri(碧溜)
Gewicht (komplett): 24.0g
Gewicht (Corpus): 14.0g
Länge (mit Feder): 150.0mm
Länge (Corpus): 135.0mm
Länge (mit Kappe): 180.0mm
Maximaler Durchmesser: 15.0mm
Feder: 14k-Gold, einfarbig oder zweifarbig
Beschichtungen der Feder: rotgold, rhodium, ruthenium
Füllung: Herstellerspezifische Patronen (Platinum) oder Konverter
Material des Corpus: Ebonit
Nakaya Federgrößen
Nakaya Füller werden je nach Wahl mit allen gängigen Standard-Federgrößen ausgestattet. Im Vergleich zu europäischen Federn sind die japanischen Exemplare wesentlich feiner. Als Richtwert gilt: Eine europäische Medium-Feder entspricht in etwa einer japanischen Fine-Feder – es kann also immer ungefähr mit eine Größenabstufung nach unten gerechnet werden. Die nachfolgende Tabelle sollte eine gute Orientierung bieten. Als Grundlage für die Übersetzung diente die Tabelle auf der Nakaya Homepage.
Feder | Linienstärke (mm) | Charakteristik, Gebrauch |
---|---|---|
Super Extra Fine / 超極細 | 0.18-0.24 | Insbesondere für sehr feine Zahlen und Buchstaben geeignet, bei Buchführung und filigranen Notizen |
Extra Fine / 極細 | 0.24-0.28 | Für feine Zahlen und Buchstaben. Geeignet für Notizen. |
Fine / 細 | 0.28-0.34 | Für normalgroße bis feine Zahlen und Buchstaben im alltäglichen Gebrauch und für Notizen. |
Flexible Fine / 細軟 | 0.28-0.34 | Identische Linienstärke wie bei „Fine“. Die Feder ist hier etwas flexibler und kann für leichte Linienvariationen verwendet werden. |
Medium Fine / 中細 | 0.32-0.38 | Für normalgroße bis feine Zahlen und Buchstaben im alltäglichen Gebrauch und für Notizen. |
Medium / 中 | 0.34-0.44 | Flüssiges Schreiben in Schreibschrift. Alltägliche Anwendung. Etwas feiner als europäische Medium-Federn. |
Flexible Medium / 中軟 | 0.4-0.5 | Identische Linienstärke wie bei „Medium“. Die Feder ist hier etwas flexibler und kann für leichte Linienvariationen verwendet werden. |
Broad / 太 | 0.44-0.54 | Geeignet für Manuskripte, Adressen und Unterschriften. |
Extra Broad / 極太 | 0.66-0.86 | Geeignet für sehr breite Linienführung. |
Music | 0.9-1.0 | Feder mit zwei Tintenleitern. Sehr weiches widerstandsloses Schreiben. Feine vertikale Linien, breite horizontale Linien. Noten schreiben. |
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